von Brazzaville nach Kinshasa – meine erneute Grenzerfahrung –

Von Brazzaville nach Kinshasa-meine erneute Grenzerfahrung- noch ohne Bilder
Hier meine ich nicht meine persönliche Grenze sondern die Grenze zwischen den beiden Kongos. Vor mir haben schon mehrere Reisende die Grenze überquert, überwiegend über den kleinen Grenzübergang Luozi etwas westlich von Brazzaville Richtung Boko. Die meisten haben ihr Visum in Togo erhalten und auch ich hatte mein Visum in Togo bekommen und von der dortigen Polizei eine Bestätigung, dass ich dort „Resident“ bin. Angesichts der Regenzeit und den von Joshua geschilderten Pistenverlauf wollte ich etwas Geld investieren und bequem mit dem Boot von Brazzaville nach Kinshasa übersetzen. Doch damit beginnt das Drama in 7 Akten.
1.Akt
Mein DRC Visum beginnt am 01.03.2015, mein Rep.Congo Visum läuft am 02.03.2015 aus, also denke ich, das sollte ja kein Problem sein. Es gibt ja einen regelmäßigen Bootsverkehr über den Fluss. Doch dann die Überraschung, das Motorrad kann angeblich nicht auf dem Boot transportiert werden, also muss es auf einer Barge transportiert werden, die regelmäßig verkehrt.

2.Akt
Keine Barge am 2.3, am 3.3. und am 4.3. Immer werde ich auf den nächsten Tag vertröstet. Meine Ausreisestempel habe ich bereits und auch das Carnet ist bereits abgestempelt. Somit bin ich illegal im Land. Am 5.3 kann ich dann mit einem Schubboot nach Kinshasa übersetzen. Es ist eine perfekte Überfahrt. Ich komme mit dem Kapitän ins Gespräch, der mich als Kollege auf die Brücke einlädt –für alle, die meinen Lebenslauf nicht kennen, ich habe in Deutschland ein Kapitänspatent auf Großer Fahrt erworben und bin einige Jahre auf Handelsschiffen zur See gefahren- und genieße den Blick auf beide Städte, freue mich auch auf das angekündigte Begrüßungsessen in Kinshasa.

3.Akt
Ankunft in Kinshasa im Güterhafen. Das Motorrad wird auf abenteuerliche weise entladen. Am besten schaut man nicht hin. Ein Begrüßungskomitee bestehend aus Immigration, Militär und Zoll wartet bereits. Da denke ich, wenn so viele da sind, dann wird es ja gehen, vielleicht etwas teurer aber immerhin, ich bin in Kinshasa. Der Immigrationofficer behält meinen Pass, da angeblich die reguläre Stelle bereits geschlossen hat, aber morgen wäre alles ok. Das Motorrad muss ich allerdings im Hafen lassen. Glücklicherweise habe ich die Telefonnummer von Joshua, der bereits einige Tage Gast in Kinshasa ist und der mich abholt.

4. Akt der nächste Tag
Die Immigration erkennt mein Visum nicht an. Nach 5 Stunden Warten dann plötzlich die Wende, aber nicht zum Positiven: ich werde samt Motorrad abgeschoben. Auch habe ich keine Chance, über Bekannte in Kinshasa, die auch über die notwendigen Beziehungen verfügen, Hilfe zu holen. In Brazzaville erwartet mich bereits die Immigration und die Schwierigkeiten nehmen ihren Lauf, Mein Visum war ja zwischenzeitlich abgelaufen und somit war ich erneut illegal im Land. Ein Teil meines Gepäcks und meiner Papiere ist noch in Kinshasa, so auch meine EC Karte und mein Impfpass. So bin ich jetzt fast hilflos den Behörden ausgeliefert. Inzwischen haben sich in Kinshasa schon Freunde um eine Lösung bemüht und ich bekomme zur Beruhigung die Mitteilung, dass es in ein oder zwei Tagen doch noch rüber geht. Wenigstens brauche ich als Illegaler nicht in einer Polizeizelle nächtigen. Das soll im Kongo ja nicht unbedingt zu den Genüssen zählen. Allerdings muss ich den Behörden das Hotel angeben und am nächsten morgen um 09.00 dort sein.

5.Akt
In Brazzaville und Kinshasa laufen jetzt die Bemühungen um eine Lösung. Aber nicht vor Montag, wird mir mitgeteilt. War ich bisher ein Gegner eines Handys, so lerne ich jetzt die Vorteile kennen, kann ich mich doch an der Kommunikation beteiligen und erhalte auch Informationen –das Handy hat mir Patricia geschenkt, sollte ich mich nicht ausdrücklich bedankt haben, hier noch einmal danke-
In Brazzaville meldet sich ein Kontaktmann bei mir, der die notwendigen Kontakte und Beziehungen hat, damit ich auch in Brazzaville ungeschoren davon komme. Dass immer wieder Geld im Spiel ist, brauche ich wohl nicht extra erwähnen.

6. Akt
Jetzt bin ich in den Tretmühlen der Kompetenzen. Per email erhalte ich aus Kinshasa ein Visum und alle Beteiligten im Hafen sind informiert, mich einfach durchzulassen, heute fährt aber kein Boot mehr, also morgen früh.

7.Akt
Ich gönne mir wieder ein besseres Hotel und soll am nächsten morgen um 08.00 im Hafen sein. Um 7.30 Uhr will ich losfahren, doch mein Motorrad ist eingeparkt. Bei einem Auto lässt sich die Fahrertür öffnen und so schiebe ich es zusammen mit einem Hotelangestellten einfach zur Seite.
Plötzlich will mich Brazzaville nicht ausreisen lassen, da es ja nur eine email ist. Der Ausdruck sieht zwar toll aus, aber es ist eben nur ein Ausdruck und Brazzaville erkennt das Visum der DRC nicht an. Also gibt es noch ein Telefongespräch auf der Ebene der Leiter beider Immigrations. Endlich gibt es doch das ok, aber es fehlt ja auch noch die Ausnahmegenehmigung, dass das Motorrad auf einem Boot transportiert werden darf. Natürlich kostet das wieder und kostet auch Zeit. Mittlerweilen ist mir das Geld egal. Ich will nur noch weiterkommen. Im Hafen bin schon bekannt und ich werde von keinem Schlepper belästigt. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass da höhere Mächte am Werk sind. Mein Mittelsmann hat sich bereits verabschiedet, dafür habe ich jetzt Gesellschaft von einem anderen Herrn. Er ist angeblich von der deutschen Botschaft, zufällig hier im Hafen und will mir helfen. Über seine Funktion bin ich mir nicht im klaren, auf jeden Fall war er nicht von der Botschaft. In Kinshasa habe ich dann gehört, er sei von einer Art Sicherheitspolizei und solle dafür Sorge tragen, dass ich auch tatsächlich in Kinshasa ankomme und in Empfang genommen werde. So hat er auch meine Papiere und verhandelte auch mit dem Kapitän des Schnellbootes. In Kinshasa kann er auch ohne Probleme das Boot verlassen und ohne Kontrolle der Immigration sich frei bewegen, also kein einfacher Mitarbeiter der Botschaft, der zufällig da ist und seinen Nachmittag opfert, denn solange war er da ohne nach Geld zu fragen.
Ach ja, ich hatte die Überfahrt schon fast abgeschrieben, da plötzlich starker Regen und Wind einsetzte, der die Boote zu einer Zwangspause verhalf. Doch irgendwann klarte es auf und bei Starkregen überquerte ich erneut den Kongofluss. Meinen Kontaktmann in Kinshasa habe ich telefonisch leider nicht erreicht und so blieb noch einige Zeit die Ungewissheit. Doch dann bin ich ohne jede Kontrolle aus dem Hafen gekommen. Meine Begleitung organisiert das Abstempeln des Passes und des Carnets und zwischenzeitlich kommt auch mein Kontaktmann, der augenscheinlich eine höhere Persönlichkeit ist, denn plötzlich lassen alle anderen von mir ab und er stellt einen Polizisten ab, da er noch etwas im Gebäude zu erledigen hatte. Ohne weiteren Halt verlasse ich hinter dem Kontaktmann den Hafen und fahre in die nahe gelegene Wohnanlage meiner Gastgeber. Ich bin fast verdurstet, habe keinen Appetit und kann das lecker zubereitete Abendessen nicht genießen. Doch am nächsten Tag kommt die Kraft zurück und ich genieße wunderbare Tage in Kinshasa.
Noch konnte ich nicht ahnen, dass ich erst am 28. April die DRC endgültig verlassen werde.
Davon mehr im nächsten Bericht.


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