Auf dem Amazonas und Rio Madeira

Mit dem Frachtschiff von Belem nach Porto Vehlo in zwei Etappen.

Im Hotel in Belem bot man mir an, eine günstige Passage zu besorgen. Trotzdem machte ich mich auf den Weg zum Fährterminal in Belem. Hier fand ich auch schnell die richtige Ticketverkäuferin. Sie unterbreitete mir ein Angebot, nachdem sie sich wegen des Motorrades noch telefonisch abstimmen musste. So war ich für das Angebot des Hotels gut vorbereitet. Hier hatte man Kontakt zu einem „Agenten“ hergestellt. Sein Preis lag jedoch über dem Angebot direkt am Passagierterminal. Den „Agenten“ habe ich anschließend auch im Internet gefunden. Hier behauptet er, in der Regel den günstigsten Preis für die Fahrt bieten zu können. Nach einer erneuten kurzen Verhandlung konnte ich den Preis noch einmal etwas drücken und bekam so meine Passage incl. Motorrad und Kabine für ca. 400 Euro und damit um fast 100 Euro unter dem Preis des „Agenten“ Das ist ein ganz schön stolzer Preis für eine 6 tägige Flußfahrt mit einem Minimum an Komfort. Doch ich hatte mich ja auch für die Luxusvariante einer eigenen Kabine mit Dusche entschieden. Angeblich ist das Gepäck auf dem Hängemattendeck nicht sicher. Nachträglich würde ich das als Panikmache betrachten. Kein Mensch würde mir meine wertvollen Sachen, also die Motorradkleidung und den Helm stehlen. Und die Dokumente kann man  bei sich tragen.   Aber der Komfort einer Kabine mit Toilette ist schon etwas feines, auch unter der Berücksichtigung, dass seit meiner Krebserkrankung meine Verdauung salopp gesagt etwas gestört ist. Ich bekam noch die Adresse, wo ich am nächsten morgen das Motorrad zur Verladung hinbringen müsse, da die Beladung natürlich nicht am Passagierterminal erfolgt.

die amazonasstar

So brachte ich am nächsten morgen pünktlich um 8.00 mein Motorrad zum Hafen. Dabei war es garnicht so einfach, den richtigen Liegeplatz zu finden. Hinweissschilder gab es keine und von der Straße konnte man nur manchmal durch eine Zaunlücke die Flussschiffe erkennen. Doch irgendwie fand ich auf Anhieb die richtige Einfahrt und man öffnete mir auch sofort das Tor. Da lag sie nun, die Amazonas Star. Sie ist schon ein moderne Vertreterin der Amazonasschiffe, ein Schiff aus Stahl. Die alten Holzboote fahren meist nur noch die kurzen Strecken in die ee  Nebenflüsse

So ein altes Schiff hat doch mehr Stil. Während meiner Fahrt auf dem Amazonas hat sich ein Schiffsunglück in einem der Nebenarme mit so einem alten Boot ereignet.

Die Beladung erfolgt noch wie vor 100 Jahren. Über eine schmale Holzplanke werden Kisten und Säcke an Bord geschleppt. Und auch mein Motorrad wird mit Muskelkraft auf das Schiff gehievt. Einige Zeit beobachte ich die Beladung. Bis zur Abfahrt habe ich noch einige Stunden Zeit und so gönne ich mir noch ein ausgiebiges Frühstück und eine Mittagsmahlzeit. Erst am Nachmittag legt das Schiff noch einmal am Passagierterminal an und mit dem Sonnenuntergang verlassen wir Belem. Schnell verschwinden die Lichter der Stadt und die Dunkelheit des Flusses umgibt uns. Nur vereinzelt tauchen am Ufer Lichter auf. Doch mit dem Auslaufen versucht die Musikanlage der Bar alle Geräusche zu übertönen. Die Preise für Bier und Cola waren etwas höher als in Belem und viele Reisende hatten sich ihren eigenen Vorrat mitgebracht. Auch ich hatte mich für die 5 Tage  mit 6 Liter Wasser, 2 Liter Fruchtsaft sowie mehreren Packungen Kekse eingedeckt. Mein Abendbier habe ich mir aber doch aus der Bordbar geholt.

Beladung der Amazonas star in belem

Durch kleine wasserstrassen zum großen Strom

Am nächsten morgen war noch nichts vom großen Strom zu sehen. Das Schiff bahnte sich seinen Weg durch kleine Nebenarme des Amazonas. Aber hier verspürte ich die Abgeschiedenheit der Flussbewohner. Für die Flussbewohner sind die Schiffe eine Möglichkeit, etwas zu verdienen. Mit ihren kleinen Booten kamen sie längsseits und versuchten, irgend etwas zu verkaufen. Manche Sachen waren undefinierbar und nur die Einheimischen wußen, was sie dort erstehen. Bei Obst war es natürlich auch für mich erkennbar.

auch eine Art zu verkaufen , hier selbstgemachtes Eis

Händlerboote auf dem amazonas

Ich habe die Stopps nicht gezählt, aber es waren ca 10-14 Haltestellen. Heute sind es fast immer richtige Anlegestellen und auch die kleinen Orte haben befestigte Straßen. doch eines ist geblieben. Auch hier kommen sofort die fliegenden Händler. Und immer gibt es fertiges Essen zu kaufen. Meist für 5 Real, also 1,3 euro, bekommt man eine warme Mahlzeit. Aber auch Obst, Kuchen oder Eis finden so den Weg zu den Passagieren.

Zur Bilderbuchseite einer Amazonasfahrt gehören die Sonnenauf- und Untergänge. Und dann gibt es noch die pinken Delfine. Und tatsächlich bekamen wir einige zu sehen. Sonst macht sich die Tierwelt rar am Amazonas. Die Tiere brauchen ja nur still im Baum zu sitzen und schon sind sie fast unsichtbar.

Wer jetzt glaubt, eine Amazonasfahrt führt überwiegend durch unberührte Natur und Regenwald, den muß ich enttäuschen. Große Weideflächen erstrecken sich an beiden Ufern und man bekommt eine kleine Vorstellung von der Vernichtung des Regenwaldes. Obwohl ich es wusste war ich doch erschrocken über die Ausmaße. Und dabei habe ich nur einen kleinen Ausschnitt gesehen.

Entladung meines Motorrades in Manaus

Nach 5 Tagen und ca 1600 km erreicht die Amazonas Star mit nur einer Stunde Verspätung Manaus. Hat die Fahrt meine Erwartungen erfüllt? Ja, zu 100%.

-Die Vorstellung, fast den gesamten Kontinent mit Seeschiffen durchqueren zu können (Die MS Bremen macht Kreuzfahrten von Belem nach Iquitos in Peru) verdeutlicht die  Dimensionen des Amazonas.

– aber auch die Dimensionen der Vernichtung des Regenwaldes, ähnliches habe ich in Gabun und im Kongo empfunden, wurde deutlich

-herrliche Sonnenuntergänge (die Sonnenaufgänge habe ich meist verschlafen)

-tropische Gewitter auf dem Fluss

-und dann taucht plötzlich die Millionenstadt Manaus auf.

Hier trifft der Rio Negro auf den Amazonas

Manaus -Metropole im Regenwald

Ein paar fakten zu Manaus:

Manaus ist praktisch nur mit dem Schiff oder Flugzeug zu erreichen.

Manaus ist die 4.reichste Stadt Brasiliens -darüber war ich sehr erstaunt, doch neben dem Handel ist Manaus auch ein bedeutender Industriestandort für chemische und technische Produkte

Manaus hat eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt, eben weil es mitten im Regenwald liegt und zur Zeit des Kautschukbooms erbaut wurde.

Ich bleibe gleich bei der Oper. Hier gibt es wohl etwas einmaliges auf der Welt. Führungen kosten 10 Real, also ca. 2,50 Euro. Doch die Vorstellungen sind frei. Bei einigen Vorstellungen kann man sich gegen ein geringes Entgelt einen Platz reservieren. So gönnte ich mir 2 Vorstellungen in der Oper, die meine Reisebudget nur minimal belasteten. Bei einer dieser Vorstellungen lernte ich den österreichischen Dirigenten und Professor an der Musikhochschule Wien Johannes Wildner kennen. Auch er reihte sich in die Schlange der Wartenden ein, da er nicht beruflich hier war. Nach dem Gespräch habe ich bei der nächsten Vorstellung den Dirigenten und seine Arbeit, und auch seiner Show, mehr Beachtung geschenkt.

im Hafen von Manaus

Von Manaus nach Porto Vehlo

Noch wußte ich nicht, wie es von Manaus weitergehen sollte. Vor drei oder vier Jahren wäre die Entscheidung einfach gewesen, es geht nach Norden nach Venezuela. Doch ist die Sicherheitslage in Venezuela schlecht und unnötige Risiken will ich nicht eingehen. Vielleicht bessert es sich ja in einigen Jahren und ich kann diesen Teil Südamerikas nachholen. Bleibt noch die Variante auf dem Amazonas bis Leticia im Dreiländereck Kolumbien, Peru und Brasilien,  dann weiter nach Iquitos und mit einem dritten Schiff nach Yurimaguas. Die umgekehrte Richtung war ja letztes Jahr mein Plan. Dann kann man noch über die BR 319 von Manaus nach Porto Velho fahren. Wer sich gerne Schlammpisten anschaut, dem empfehle ich mal sich im Internet einige Filme anzuschauen. Zu zweit hätte ich vermutlich diese Variante gewählt, doch alleine wollte ich diese Strapaze nicht auf mich nehmen. So kommt Variante 3, nämlich wieder eine Flussfahrt, zum Tragen. 6 Tage auf dem Rio Madeira nach Porto Vehlo.  Dieses mal bekomme ich im Hotel das günstigste Angebot, allerdings auch erst nach den üblichen Preisverhandlungen. So bereite ich mich auf eine erneute 6 tägige Flussfahrt vor und genieße noch einmal den Komfort meines Hotels. Im Hafen wartet die Vieira II auf mich, ein modernes Flussschiff, dass auch ein Deck für Hängematten hat. Doch gegenüber der Fahrt von Belen nach Manaus ist es relativ leer und  hier ist auch die Vollverpflegung im Preis mit enthalten. Auf dem Rio Madeira sind gefühlt auch mehr Frachtschiffe unterwegs. auch passieren wir einige Schubverbände. Die Größe der Schubverbände kann ich schlecht abschätzen. doch wenn ich die Schubeverbände auf dem Rhein als Maßstab nehme, dann transportiert so eine Einheit 16000 to. Dafür benötigt man 650 LKW´s. Auf dem Mississippi soll es Schubverbände bis zu 60000 to geben. Über die Größe der Schubverbände in Brasilien habe ich leider keine Angaben gefunden. doch kleiner als in Deutschland werden sie nicht sein.

Auf dem Rio Madeira habe ich erstmals einen Eindruck vom Ausmaß der Goldschürferei in Brasilien gesehen. Unzählige Schürfboote, vielleicht waren es 1000, liegen im Fluss und durchwühlen mit ihren Saugrohren den Grund. Wie viele legal oder illegal in den Nebenflüssen und unzugänglichen Landesteilen unterwegs sind vermag ich nicht einzuschätzen. Laut eines Artikels in „Zeit online“ gab es 2015 geschätzte 200 ooo illegale Goldminen in Brasilien. Hier auf dem Fluss sehe ich nur einen Bruchtteil der Goldsucher und vermutlich haben die meisten auch eine Lizenz, da dieser Abschnitt leicht zugänglich ist.

Goldschürferboote

Nach 5 Tagen erreichen wir abends Porto Vehlo.  Ich habe mich während der Fahrt mit dem Kapitän angefreundet und so kann ich noch die Nacht an Bord bleiben während alle anderen Passagiere das Schiff verlassen.  Am Morgen verlasse ich dann ausgeruht das Schiff und mach mich auf Richtung Peru mit einem Zwischenstopp in Rio Branco. Auf dem Hotelparkplatz steht eine BMW 100 GS mit österreichischem Kennzeichen. So gibt es abends ausführliche Benzingespräche mit etwas mehr Bier als sonst. Unsere Wege führen uns aber in verschiedene Richtungen.

Zum Schluss noch ein kleines Erlebnis. Auf der Fahrt von Rio Branco zur Grenze halte ich an einer Tankstelle an, so etwas soll ja vorkommen, da auch mein Motorrad Benzin braucht. In der dazugehörigen Cafeteria trinke ich auch eine Kleinigkeit und komme mit einem anderen Gast ins Gespräch. Er kennt mich, sagte es zu meinem Erstaunen, zog sein Smartphone aus der Tasche und zeigte mir ein Bild vom heutigen Tag, wo ich einer Einladung folgend in einer Motorradwerkstatt in Rio Branco war. Und da gibt es wie üblich dann ein gemeinsames Foto, dass dann schnell den Weg  in das Internet findet.

So, das war Brasilien. Mal sehen, wann ich wieder  dort bin.

Gerd


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