Bolivien – mit vielen Fragezeichen 19.0717 – 03.08.17
Erst einmal eine kurze Routenbeschreibung: von La Paz ging es nach Oruro, danach weiter nach Potosi und wieder Richtung Norden nach Sucre. Dann kam wieder die schwierige Entscheidung über den weiteren Verlauf der Reise. Ich entschied mich, auch Cochabamba einen Besuch abzustatten, um danach in die größte Stadt Boliviens, nach Santa Cruz zu fahren, einen Stopp in San Jose de Chiquitos einzulegen um eine der bedeutendsten Jesuitenreduktionen Boliviens zu besuchen und aus Bolivien in Puerto Suarez auszureisen.
Oruro war schon letztes Jahr mein Ziel. Der Karneval von Oruro wurde 2001 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen und 2008 in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit übernommen (den Satz habe ich bei Wikepedia entliehen). Doch da kam mir ja so ein Tuc Tuc in die Quere und statt des Karnevals in Oruro genoss ich verschiedene Krankenhäuser. Egal, ich wollte noch einmal nach Oruro, auch wenn der Reiseführer die Stadt als staubig und wenig einladend beschreibt. Doch Oruro ist auch außerhalb des Karnevals einen Besuch wert. Ob es nun der Markt ist oder als Startpunkt für eine Zugfahrt in den Anden. Sehenswert ist, wenn der Zug den Bahnhof verläßt und quasi über den Markt fährt. Dann müssen die Stände kurz von den Schienen geräumt werden. Danach geht das Marktgeschehen sofort weiter. Mit meinem Hostel hatte ich Glück. Am 2.Abend luden mich die Besitzer zum Grillen auf der Dachterrasse ein. Und so ist es kein Wunder, dass ich Oruro in angenehmer Erinnerung behalte und der Karneval in Oruro ein Ziel für eine der nächsten Reisen ist. Bis dahin schaue ich mir eben Bilder über Oruro an. Wie z.b. dieses
Der Weg führte mich weiter nach Potosi. Erstmalig habe ich vor einem Jahr von dem Ort gehört. Der bolivianische Präsident Evo Morales meinte, der Abbau des Lithium in Uyuni (dort lagern die größten Lithiumvorkommen weltweit) dürfe nicht zu einem 2. Potosi führen. Erst danach habe ich mich mit dem Ort befasst und mit der der grausamen Geschichte. Potosi ist verbunden mit der Ausbeutung durch die Spanier. Der Cerro Rico, der reiche Hügel, barg vor allem Silber, das unter unmenschlichen Bedingungen gefördert wurde.
8 Millionen Tote soll der Berg in den letzten 400 Jahren gefordert haben. erst die Ureinwohner, dann die Sklaven, die den Berg selten mehrere Monate überlebten, danach wieder die Ureinwohner. Auch heute arbeiten noch ca 10000 Mineros im Berg, betäubt vom Alkohol und von Coca. Reich wurden nur die Besitzer der Minen. die Arbeiter starben früh. So liegt auch heute die Lebenserwartung der Mineros unter 50 Jahren, während für das ganze Land eine durchschnittliche Lebenserwartung von 68 Jahren gegeben ist. Um das Maß voll zu machen ist auch Kinderarbeit hier im Berg noch Alltag. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich eine Besichtigungstour in eine der Minen machen sollte, mich aber dann dagegen entschieden. Elendstourismus ist nicht meine Sache und geschockt war ich auch so genug. In der Stadt Potosi bekommt man vom Elend der Mineros nichts mit. Nur betrachtet man dann die Kirchen und Paläste mit gemischten gefühlen. Doch so erging es mir ja schon in Oero Preto in Brasilien.
Mei Weg führte mich dann nach Sucre, der Hauptstadt Boliviens.
Die prunkvollste Stadt Boliviens ist Sucre, auch formal die Hauptstadt, obwohl der ganze Regierungsapparat in La Paz beheimatet ist. In Sucre wurde die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben und das ist für die Bolivianer Anlass genug, Sucre zur offiziellen Hauptstadt zu machen. Im Museum wird die Geschichte der Unabhängigkeit bei einer Führung mit großen Worten dargestellt. Man spürt den Nationalstolz der Bolivianer trotz der vielen Kriege mit den Nachbarländern bei denen sie fast ein Drittel des Staatsgebietes verloren haben, u.A auch den Zugang zum Pazifik.
Sucre könnte auch den Zusatz „die weiße Stadt“ im Namen führen. Die Prachtbauten in der Innenstadt glänzen unter einem strahlend blauen Himmel in weiß, wie man es auch aus Andalusien kennt. Ich schließe mich hier den Aussagen im Reiseführer an, dass Sucre die schönste Stadt Boliviens ist. Wirtschaftlich wurde Sucre von Cochabamba und Santa Cruz abgehängt, doch für jeden Bolivianer ist Sucre immer noch das Herz des Landes und heute ein bedeutender Universitätsstandtort. Das historische Zentrum von Sucre ist auffallend gepflegt und sauber. Leider ist die Vermüllung der Landschaft in Bolivien ein großes Problem. In Potosi habe ich das letzte mal in 4000m Höhe geschlafen. Jetzt, ab Sucre liegen die Orte in Höhen bis 3000m, eine Wohltat, auch für meinen Fuß, der seit dem Unfall in Peru sehr empfindlich gegen kälte ist, auch auf Grund der schlechteren Durchblutung, die sich in großen Höhen zusätzlich negativ bemerkbar macht.
Mein nächstes Ziel Cochabamba liegt auf nur noch 2500m Höhe, also ein Sanatoriumsaufenthalt. Cochabamba ist die Boomtown in Bolivien. Das merkt man schon bei der Fahrt in die Stadt und dem Ausbau der Straßen. Ich verweile einige tage in Cochabamba und genieße das Essen und auch die Eisdielen der Stadt. Cochabamaba hat aber auch eine touristische Attraktion zu bieten. Hier steht die größte begehbare Christusstatue. Bis 2010 war es auch die größte Statue überhaupt und wurde dann von der Statue in Swiebodzin, Polen um 1,8 m übertroffen. Im Gegensatz zur weltberühmten Statue Cristo Redentor in Rio de Janeiro gibt es hier kaum Touristentrubel und die Seilbahn zur Statue kostet nur wenige Boliviar und nur für die Begehung der Statue muß man 2 Boliviar, das sind 25 Cent, bezahlen , ein Bruchteil dessen, was man in Rio los wird.
Über Santa Cruz, meinem nächsten Ziel, gibt es nicht viel zu berichten.Es ist eben das wirtschaftliche Zentrum Boliviens. Nach der Kälte des Hochgebirges bin ich hier im Tiefland angekommen und auch die Temperaturen werden tropisch. Eines fällt allerdings auf. die Menschen kleiden sich alle modern. Nur noch wenige tragen traditionelle Kleidung und die typische Kopfbedeckung der Frauen, den Hut, sieht man selten. Man hat das Gefühl, als wollten sich die Santa Cruzer von den Bewohnern der berge abgrenzen.
Den Schlusspunkt meiner Rundreise durch Bolivien bildete San Jose de Chiquitos. Hier steht eine der eindrucksvollsten Jesuitenreduktionen Südamerikas. Ich habe bereits in Bolivien einige dieser Analgen besichtigt, doch diese erscheint mir am größten und am besten erhalten, bzw. restauriert.
Die Jesuiten boten den Indios in den Reduktionen Schutz gegen die Versklavung durch die Portugiesen. Dabei waren sie auch noch wirtschaftlich sehr erfolgreich und für die Kolonialmächten Portugal -in brasilien- und Spanien zu mächtig, auch in der Verbundenheit zu den Indios. Das führte letztendlich zur Vertreibung der Jesuiten, unter Duldung des Vatikans.
So verlasse ich Bolivien und freue mich auf die Caipirinhas in Brasilien.
Gerd
Bolivien, ein armes Land, vielleicht das ärmste in Südamerika.
Bolivien, ein reiches Land, vielleicht mit einer Zukunft durch den weltweit großen Bedarf an Lithium.
Bolivien, ein Land mit riesigen Einkommensunterschieden, mit großen Unterschieden zwischen der Stadt und Landbevölkerung.
Bolivien, ein geschundenes Land, erst ausgebeutet durch die Spanier, und nach der Unabhängigkeit von fast 200 Umstürze, Militärputsche und… destabilisiert.
Bolivien, das erste Land mit einem Präsidenten mit indigener Herkunft.
Mal sehen, wie es weiter geht.
Posted in Südamerika by gerdjanke with 1 comment.
Schon war ich wieder mit
Gedanken auf Reisen – Klasse
Es grüßt Etsche