Paraguay vom 19.4.2016 bis 13.6.2017

Paraguay – ein Land mit vielen deutschen Einflüssen
Was fällt dir zu Paraguay ein? Bei den meisten wird der Wissensstand dem Meinem entsprechen, ziemlich wenig. Paraguay und Bolivien sind die beiden Binnenstaaten Südamerikas – das kenne ich noch aus der Schule. Das Pantanal im Grenzgebiet zu Brasilien ist ein riesiges Süsswasserfeuchtgebiet. Davon habe ich einmal in einem Krimi gelesen. Wenn man mich nach der Hauptstadt gefragt hätte wäre ich vermutlich ratlos gewesen. Auch der Lonley Planet Südamerika ist da wenig hilfreich, denn in der Übersicht für Touren durch Südamerika findet Paraguay keine Berücksichtigung. Es ist ein Land ohne touristische Hotspots. Trotzdem reise ich sieben Wochen durch das Land, davon allerdings auch zwei Wochen recht geschwächt durch das Denguefieber.

auf kleinen Nebenstrecken durch Paraguay

auf kleinen Nebenstrecken durch Paraguay

Alltagsgefährt in Villaerica

Alltagsgefährt in Villaerica

Hier erst einmal ein kleiner Überblick –zum nachgooglen- meiner Reiseroute. Meine Einreise aus Argentinien erfolgte von Puerto Iguacu nach Ciudad del Este mit einer kleinen Fähre. Dort ließ ich mein Motorrad für einige Zeit stehen, um auf ein Ersatzteil aus Deutschland zu warten und setzte mein Reise mit dem Bus fort. Erst nach Ascuncion, weiter nach Conception und mit dem Boot nach auf dem Rio Paraguay Richtung Pantanal. Dort bin ich aber wegen des Denguefieber nicht angekommen sondern bin von Vallemi zurück nach Ascuncion gefahren und einige Zeit später wieder nach Ciudad del Este. Hier die Erlösung, mein Motorrad und ich waren wieder fit. Über Encarnacion und Independencia ging es weiter nach Filadelfia im Chaco um dann erneut nach Ciudad del Este zu fahren. Nach 7 Wochen verließ ich Paraguay auf dem gleichen Weg wie ich gekommen bin, nämlich mit der Fähre nach Puerto Iguacu.

Gauchos bei der Arbeit - viehverladung im Chaco

Gauchos bei der Arbeit – Viehverladung im Chaco

 

bis auf den Zaun reichte mein Mut, Die Arbeit im Corral überließ ich dann doch den Profisl

bis auf den Zaun reichte mein Mut, Die Arbeit im Corral überließ ich dann doch den Profisl

Ja, das war es. Und was gab es sonst noch?
Encarnacion ist nicht gerade bescheiden und meint, dass der Karneval dort bunter und spektakulärer als in Rio sei. Das kann ich nicht beurteilen, da ich weder den Karneval in Rio kenne noch in Encarnacion. Doch jetzt außerhalb der Karnevalsaison ist davon nichts zu spüren. Das Sambadromo ist verwaist und das Leben scheint recht gemächlich zu sein.

Sambadromo in Encarnacion - sieht jetzt ziemlich trostlos aus

Sambadromo in Encarnacion – sieht jetzt ziemlich trostlos aus

 

Sonnenuntergang, ehrlich, es war nicht der Sonnenaufgang, über den Rio Pararna,

dafür ist der Sonnenuntergang, ehrlich, es war nicht der Sonnenaufgang, über den Rio Pararna, spektakulär

Nur die Preise sind etwas höher als sonst in Paraguay und am Ufer des Rio Parana kann man wunderbare Sonnenuntergänge genießen.
Bekannt sind in Paraguay auch die Ortsgründungen der Jesuiten, korrekt als Jesuitenreduktion bezeichnet. Besonders in Südosten gibt es noch einige gut erhaltene Reduktionen, also Kirche und Dorf. Auf der Straße der Jesuiten kann man die Reste besuchen und einen kleinen Eindruck von den Leistungen der Jesuiten gewinnen. 767 wurden die Jesuiten durch den spanischen König vertrieben, da sie zu mächtig wurden und aus seiner Sicht zu sehr mit der einheimischen Bevölkerung kooperierten.

Die Jesuitenredduktion Jesús de Tavarangüe

Die Jesuitenreduktion
Jesús de Tavarangüe

In dieser Region ist der deutsche Einfluss, auch aus jüngerer Zeit, sehr ausgeprägt. Hohenau ist eines dieser Centren deutscher Auswanderer. Ein weiteres Centrum ist Independencia, ein eher kleiner Ort, in dem sich auch in neuerer Zeit deutsche Auswanderer niedergelassen haben. Diese Region war auch mal ein Zentrum des Weinanbaus, doch hat der Weinanbau heute keine wirtschaftliche Bedeutung mehr für die Region.

Eine der deutschen Siedlungen in denen auch in der 3. Generation noch Deutsch gesprochen wird

Eine der deutschen Siedlungen in denen auch in der 3. Generation noch Deutsch gesprochen wird

In Asuncion konnte ich den Nationalfeiertag erleben, eine Mischung aus Party, Folklore und Kitsch. Auf der Hauptbühne spielten verschieden Gruppen, von der Polizeibigband über Folklore und Rockmusik. Hier wurde ich das erste mal auf meinen Doppelgänger angesprochen (in Paraguay und Brasilien gab es in den folgenden Wochen noch einige spontane Fotoshootings)

Strassenparty zum Nationalfeiertag

Strassenparty zum Nationalfeiertag

Zum Abschluss meiner Berichtes will ich auf die Zeit der Militärdiktatur eingehen. General Strössner hat 35 Jahre das Land mit Terror und Mord überzogen und jeden Widerstand brutal unterdrückt. Zu seinen Methoden gehörte es z.B seine Opfer lebendig aus Flugzeugen über den Dschungel zu werfen.
„Unter Strössner war das Leben einfacher und auch sicherer“
Nicht selten hörte ich diesen Satz. Auch wurde gerne auf darauf verwiesen, dass unter Strössner diese oder jene Straße asphaltiert wurde. Besonders schlimm fand ich aber auch, wenn die Morde von Regimegegnern als Abschreckung gutgeheißen wurden.
Aber auch in Deutschland genoss der Diktatur Sympathien. Die Familie Strössner ist aus der Region Hof nach Paraguay ausgewandert und anlässlich eines Staatsbesuches des Diktaturs war der Bürgermeister von Hof „hocherfreut über den hohen Gast“ und dem Befehlshaber über Todesschwadrone wurde der Bayrische Verdienstorden überreicht (1973), obwohl es genug Informationen über den Staatsterror gab.
Auch die Nazis fanden in Paraguay Unterschlupf und versuchten, mit Hilfe ihrer Netzwerke die paraguayische Staagtsangehörigkeit zu erlangen, da Paraguay keine Staatsangehörige auslieferte. In groß angelegten Werbekampagnen in Deutschland wurde paraguayisches, „menschenleeres“ Land in westdeutschen Zeitungen angeboten. Die Kapitalgeber wurden durch Investitionsschutz und Hermesbürgschaften abgesichert. Das Auswärtige Amt in Bonn betrachte den glühenden Antikommunisten Stroessner als treuen Verbündeten im Kalten Krieg. Zumal er seine schützende Hand über die 40.000 Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Paraguay eingewandert waren, darunter viele stramme Nationalsozialisten, hielt. 1973 erhielt Strössner durch den bayrischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel den bayrischen Verdienstorden.

1972 wurde Stroessner, durch den deutschen Ethnologen Mark Münzel und anderen, vorgeworfen für den Genozid an den Aché, verantwortlich zu sein. Die Aché wurden gewaltsam in die Mbaracayú-Region vertrieben, dort systematisch verfolgt, es wurden Razzien veranstaltet und sie wurden getötet. Ihre Kinder wurden verkauft und an paraguayische Familien übergen. Aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung sollen bei der Vertreibung und Umsiedlung ca 38 % der Aché an Krankheiten gestorben sein.
Trotz der  teilweise unangenehmen Gespräche bleibt mir Paraguay in guter Erinnerung. Und wenn ich Brasilien verlasse, um den Norden Argentiniens zu bereisen, werde ich wohl einen kleinen Abstecher nach Paraguay machen. Da ist allerdings der Hauptgrund, dass ich wohl neue Reifen brauchen und ein Mitas Hinterreifen kostet in Brasilien ca 170 Dollar. Einen Pirelli Scorpion bekommt man in Ciudad del Este für 80 Dollar. Und wer sich irgendein Ersatzteil aus Deutschland schicken lassen muß, dem kann ich Paraguay empfehlen. So brauchte ich auch keinen Zoll für das neue Federbein bezahlen und die Auslieferung erfolgte problemlos.

Gerd


Posted in Südamerika by with 1 comment.

Comments

Schreibe einen Kommentar zu Etsche Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.